METAV 2018: Design oder Nicht-Design: Form und Funktion folgen Ergonomie und Bedienersprache – METAV 2018 in Düsseldorf rückt Maschinendesign in den Blickpunkt

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13.02.2018

Design oder Nicht-Design: Form und Funktion folgen Ergonomie und Bedienersprache – METAV 2018 in Düsseldorf rückt Maschinendesign in den Blickpunkt

Welche Rolle spielt Design im Werkzeugmaschinenbau heute? Gilt noch der Grundsatz „Form folgt Funktion“ – oder werden schon mal Abstriche bei der Funktion zugunsten der schönen Form gemacht? Neben weiterentwickelten Funktionalitäten werden auf der METAV 2018 in Düsseldorf auch augenfällige Design-Highlights im Blickpunkt stehen.

„Das Design hat mehr denn je eine sehr hohe Bedeutung im Werkzeugmaschinenbau und wird gerne als Differenzierungsmerkmal genutzt“, sagt Philipp Kriener, Manager Corporate Design bei der Gildemeister Beteiligungen GmbH, Bielefeld: „So haben wir auf der EMO Hannover 2017 erstmals unsere Automationslösungen im neuen Vertico Design präsentiert. Die vertikal verlaufenden Elemente mit ihrem charakteristischen Dreiecksmuster präsentieren sich eigenständig und bilden dennoch eine perfekte Einheit mit unseren Maschinen. Bei unserem Design machen wir keine Abstriche zugunsten der Form –– ein gutes Design muss in erster Linie einen funktionalen Mehrwert bringen sowie die Wertigkeit und Qualität unserer Produkte nach außen widerspiegeln.“

Design als Spiegelbild der inneren Wertigkeit
Der Einfluss des Designs sei bei DMG Mori besonders an der Mensch-Maschine-Schnittstelle von hoher Bedeutung. Das Design leiste einen wesentlichen Beitrag für den Nutzer, um seine Arbeitsabläufe in einem ergonomisch gestalteten Umfeld hoch effizient durchführen zu können. So werden beispielsweise die Anordnung von Türen und Klappen in der Gestaltung berücksichtigt, das vereinfache regelmäßige Wartungen und trage zur Langlebigkeit des Produktes bei.

Den Beitrag des Designs zur Produktoptimierung in einer vernetzten Fertigung verdeutlicht der Experte so: „Durchgängige Workflows – auch auf unterschiedlichen Endgeräten und Maschinen – bieten uns die Möglichkeit, Prozesse zu integrieren und somit zu verschlanken. Mithilfe des Softwaredesigns werden diese unsichtbaren Abläufe für den Nutzer über die gesamte Prozesskette visualisiert. Durch die Gestaltung der Produkte und der Bedienoberfläche bieten wir dem Nutzer ein Gesamterlebnis aus haptischen, visuellen und handlungsbezogenen Wahrnehmungen.“ Besonders im Bereich Human-Machine-Interface (HMI) bekomme man mit vernetzten Softwarelösungen neue Möglichkeiten, den Nutzer optimal in den Prozess einzubinden.

Um die verschiedenen Anforderungen von Konstruktion, Produktion und des Anwenders zu vereinen, verfolge man den Ansatz des „Design-Thinking“. Im Fokus stehen hier, neben der produktions- und montagegerechten Gestaltung, in erster Linie die Bedürfnisse und ergonomischen Anforderungen des Anwenders in seinen Arbeitsabläufen. Design-Experte Kriener: „Für die Gestaltung unserer Werkzeugmaschinen gilt der Grundsatz des nachhaltigen Designs – sprich es muss noch nach Jahren beim Kunden Modernität und Innovation vermitteln. So entwickeln wir gerade unser neues ‚Stealth Design‘. Sämtliche Flächen, Fugen und Kanten stellen in ihrem Zusammenspiel ein unverwechselbares Design dar.“

Große Bedeutung hat das Design auch für die Mensch-Maschine-Kommunikation. So schaffe man bei DMG Mori mit einer durchgehenden ‚User Experience‘ eine Benutzeroberfläche, die den Bediener durch die Prozesse führt und damit einen großen Beitrag in der Produkt- und Prozessoptimierung bietet. Der Nutzer sollte im Bedienumfeld durch gutes Design so geführt werden, dass er sämtliche Arbeitsschritte intuitiv durchführen kann. „Mit der immer stärkeren Verschmelzung von Hardware und Software“, so Philipp Kriener abschließend, „werden wir in Zukunft das Bedienpult noch mehr in den Fokus rücken. So können wir schon bald auf zusätzliche Steuerungspulte beispielsweise an Automationslösungen verzichten und diese in das Bedienpult integrieren“.

Ergonomie ist Bestandteil aller Maschinenauslegungen
Die Bedeutung des Design für die Ergonomie an der Schnittstelle Mensch-Maschine beleuchtet Dr.-Ing. Jürgen Walz, Geschäftsführer Entwicklung der Gebr. Heller Maschinenfabrik GmbH, Nürtingen: „Bedienelemente, Bedienhöhen, Beleuchtung, Lärm, Stäube und Flüssigkeiten sind die typischen Parameter, denen das heutige Maschinendesign gerecht werden sollte. Gehörte in der Vergangenheit zur Ergonomie nur das Thema Maschinenbedienung, so gewinnt heute zunehmend die Software-Ergonomie an Bedeutung.“

Hierfür wurde bei der Entwicklung einer neuen Maschinenbaureihe eine Bedienphilosophie mit neuer Hardware entwickelt. Die komplette Bedienung erfolgt mit Multitouch-Bildschirmen. Viele in der Vergangenheit hardware-seitig realisierte Funktionen können damit über Software gestaltet werden. Zur Erhöhung der Bedienergonomie wurde das Bedienpult mit einem Doppelgelenkarm ausgestattet, der sowohl von der Belade- als auch von der Bedien-Seite eingesehen werden kann.

Ergonomische Wartung ist ein ebenfalls zentraler Bestandteil beim Maschinenbetreiber. Die zentral ausgeführte Wartungsanzeige am Bedienpult visualisiert den Maschinenzustand. Das bedeutet für die Instandhaltung, so Walz, „dass kurzfristig ein ‚kleines Blutbild‘ zur Verfügung steht, was die Diagnose erleichtert sowie den Service-Einsatz und die Maschinen-Stillstände minimiert“.

Design als Symbiose einer Vielzahl optimierter Funktionen
„Form folgt Funktion“ – „Für uns“, betont Martin Rathgeb, Technischer Leiter der SHW Werkzeugmaschinen GmbH, Aalen, „gilt dieser Grundsatz immer noch“. Gutes Design sei die Symbiose vieler optimierter Funktionen wie technische, ergonomische Funktion, Sicherheitsfunktion, Handling, emotionale Funktion, kommunikative Funktion oder Licht-Funktion. Der Bediener mit seinen Bedürfnissen rücke schon bei der Entwicklung der Maschine immer mehr in den Vordergrund, das heiße: Design nicht nur um des Designs willens, sondern immer mit erlebbarem Nutzen für den Anwender.

Martin Rathgeb: „Wir wollen ergonomische Maschine bauen, die gefallen und die dem Bediener das Gefühl vermitteln, wertgeschätzt zu werden, denn zufriedene Mitarbeiter sind effektiv und nutzen die Leistung der Maschine zu 100 Prozent.“ Design unterstreiche Technologie-Leadership und Innovation, spiegele die innovative Technologie im Herzen der Maschinen wider, schaffe Identität gegenüber dem Wettbewerb, steigere Attraktivität und Interesse am Produkt, erzeuge Markenbewusstsein, wecke Emotionen und schaffe Vertrauen.

Der Einfluss des Designs auf die Funktion sei u.a. am Steuerstand eines Bearbeitungszentrums aus dem Hause SHW gut abzulesen. Die Neukonzeption des Arbeitsplatzes und die damit verbunden Wertschätzung des Mitarbeiters, des Menschen im Arbeitsprozess und damit verbunden seiner Identifikation mit dem Produkt, war zentraler Bestandteil der Designentwicklung.

Die Frage nach dem Beitrag des Designs zur Produktoptimierung in einer vernetzten Fertigung beantwortet Martin Rathgeb so: „Die Vision einer vollautomatischen Produktfertigung verlangt funktionale Gesamtkonzepte, bei denen nicht nur Konstruktions- und Fertigungsdaten direkt in die Fertigungszentren übergeben werden können, sondern auch einheitliche Bedienoberflächen, Kennzeichnungen sowie ‚Optik der Maschinen‘ vorherrschen mit hoher Wiedererkennung für den Anwender, damit alle im Verbund arbeitenden Maschinen sicher, intuitiv und effizient bedient werden können.“ Diese zukünftige Anforderung könne nur ein einheitliches Design liefern, das durch die gewünschte Funktion definiert ist und somit auch Grundidee der gesamten Entwicklung der Werkzeugmaschine sein muss. Dabei sei das Beachten der Ergonomie immens wichtig, „denn wenn zukünftig Produktionsprozesse in sich automatisiert ablaufen, ist die Qualität in der Ergonomie der entscheidende Aspekt, durch den sich die Leistungsfähigkeit der jeweiligen Maschinen unterscheidet“.

Die Mensch-Maschine-Kommunikation wandelt sich immer mehr in den Bereich der digitalen Lösungen, z.B. 3D-Simulation der Bearbeitung in Echtzeit, wodurch Bearbeitungsprozesse sichtbar werden, die in der Praxis aufgrund des Kühlmittelflusses nicht sichtbar sind. Die dafür notwendigen Monitore können funktional nur mittels guten Designs in die Maschine integriert werden.

Auch müssen Betriebssysteme mit übersichtlicher und intuitiver Benutzeroberfläche, angelehnt an Lösungen aus dem Consumer-Bereich, designt werden, um die Erwartungshaltung der Smart-Phone Generation zu erfüllen, orakelt Rathgeb: „Mit einem oder wenigen Klicks zum Ziel sowie die Nutzung von im virtuellen Raum drehbaren 3D-Darstellungen der zu bearbeitenden und vorzubereitenden Werkstücke sind für die Mensch-Maschine Kommunikation und die sichere und wirtschaftliche Produktion bereits zentrale Faktoren in den Entwicklungslastenheften der nächsten Maschinengeneration.“

Auf der METAV 2018 in Düsseldorf wird SHW „unsere Bearbeitungszentren in neuem Design präsentieren“ – mit dem Entwicklungsschwerpunkt, den Bediener bei seiner täglichen Arbeit mit und an der Maschine zu unterstützen. „Auch werden wir“, erläutert Martin Rathgeb, „die neuesten Lösungen im Bereich der digitalen Fertigungsprozess-Unterstützung, wie unser SHW Condition-Monitoring-System und die kameragestützte Werkstückausrichtung sowie die SHW-Datenbrille zeigen.“

Autor: Walter Frick, Fachjournalist aus Weikersheim

Bild & Text: metav.de