Euro Tier + Energy Decentral 2018: Biogasnutzung in der Landwirtschaft: Strohvergärung und neue Technologien beschleunigen die Energiewende

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22.03.2018

Biogasnutzung in der Landwirtschaft: Strohvergärung und neue Technologien beschleunigen die Energiewende

Internationale Fachmesse EnergyDecentral 2018 zeigt Techniken zur Effizienzsteigerung von Anlagen mit neuen Substraten. Stroh rückt als Energielieferant in den Vordergrund.

Speicherbar, flexibel nutzbar und grundlastfähig: Mit einer elektrischen Leistung von über 4.200 Megawatt haben sich Biogasanlagen zu einer wichtigen Säule der Energiewende entwickelt. Über die aktuelle Situation und die Zukunftsperspektiven der Technologie können sich die Besucher der EnergyDecentral intensiv austauschen. Die Internationale Fachmesse für regenerative Energieversorgung, die gemeinsam mit der EuroTier vom 13. bis 16. November 2018 in Hannover stattfindet, liefert Antworten auf die Frage, welche Techniken aktuell im Fokus stehen und wie sich mit neuen Substraten die Effizienz der Anlagen steigern lässt. Dabei rückt Stroh als Energielieferant in den Vordergrund.

Nach wie vor ist Deutschland Weltmarktführer und Vorreiter bei der Biogasnutzung. Um diesen Spitzenplatz zu verteidigen, braucht es vor allem eines: Technische Innovationen für effizientere Bioenergieanlagen, wie sie auf der EnergyDecentral im Fokus stehen. Neben den Herstellern von Komplettsystemen und Blockheizkraftwerken sind die Anbieter von Komponenten, Rührtechnik und Gasaufbereitung auf dem Messegelände vertreten. Nicht zuletzt aufgrund der jüngsten EEG-Novelle reagiert die Branche mit kleineren und modularen Anlagen unterhalb einer Leistung von 75 Kilowatt, die anfallende Abfall- und Reststoffe wie Gülle, Festmist, Bioabfälle und Grünschnitt in Energie umsetzen. Das Herzstück einer jeden Anlage ist der Fermenter. In ihm finden die mikrobiellen Abbauprozesse der organischen Substanz statt, bei denen das Biogas entsteht. Im einfachsten Fall fließt die Gülle vom Stall in die Vorgrube und von dort direkt in den Fermenter. Feste Substrate lassen sich mit Hilfe von stationären Beschickern einbringen.

Stroh als Substratalternative
Stroh, aufgrund seiner hohen Anteile an Lignin, Cellulose oder Hemi-Cellulose und geringen Gehalte an Makro- und Mikronährstoffen ist eigentlich kein idealer Rohstoff für die Fermentation, wird jedoch zunehmend interessanter wie viele Aussteller und Marktakteure eindrucksvoll beweisen. Das wirtschaftliche Potenzial ist vielversprechend: Geschätzt fallen jährlich acht bis 13 Millionen Tonnen Getreidestroh an, die sich als Substrat in Biogasanlagen einsetzen lassen. Die Mitvergärung von Stroh ist immer dann eine praktikable Lösung, wenn ausreichend nährstoffreiche Flüssigkeiten wie etwa Jauche oder Gülle vorliegen. Nach derzeitigem Stand lässt sich mit der Vergärung von Stroh eine Methanausbeute erzielen, die rund 50 bis 70 Prozent des Ertrages aus Maissilage entspricht. Um den Gasertrag weiter zu erhöhen, präsentieren die Aussteller der EnergyDecentral energiesparende Verfahren zum Aufschluss des Rohmaterials. Noch vor der Vergärung im Fermenter erfolgt eine mechanische und biochemische Aufbereitung des Strohs, um dessen Lignozellulose-Strukturen aufzulösen.

Aufschluss über Dampfexplosion
Mit Economizer SE stellt Biogas Systems in Hannover eine Lösung zur Hydrolyse zellstoffreicher Biomasse vor. Das faserige oder dickflüssige Rohsubstrat wird in zwei Stufen auf bis zu 180 Grad Celsius erhitzt und unter bis zu zehn bar Überdruck in einem Hydrolysereaktor behandelt. Nach abgeschlossener Hydrolyse wird mittels „Steam Explosion“ die optimale Substrat-Desintegration erzielt. Bei dem Verfahren wird das Material mit gesättigtem Wasserdampf unter Druck mit anschließender schlagartiger Entspannung zerfasert – so entsteht aus dem grob fraktionierten Ausgangsmaterial ein homogener, leicht verwertbarer Substratbrei. Für die nachfolgende Fermentation bedeutet dies konstante Reaktionsbedingungen, verkürzte Verweilzeiten und einen stabilen, störungsfreien Betrieb. Durch den Einsatz der patentierten Technologie ist es möglich, neben Stroh nahezu sämtliche landwirtschaftlichen Reststoffe wie Stallmist, Gras bis hin zum Strauchschnitt in Biogas umzuwandeln.

Mikroben aus der Tiefsee knacken Lignin
Einen anderen Ansatz verfolgt das BMT-Verfahren von MWK Bionik. Es fördert durch ein gezieltes Zusammenspiel von biologischen, mechanischen und thermokatalytischen Prozessen die Vergärung stark ligninhaltiger Materialien, wie Stroh oder Holzresten. Eingebunden wird das BMT-System im Substratfluss zwischen Substratlager und Fermenter, so dass sich auch bestehende Anlagen umrüsten lassen. Bis zu 90 Prozent der organischen Trockensubstanz werden in Biogas umgewandelt. Ermöglicht wird dies durch eine spezielle Mischung aus Enzymen und pflanzlichen Wirkstoffen sowie natürlichen Mikroorganismen aus der Tiefsee. Sie knacken die robusten und wasserfesten Ligninschichten und setzten die eingeschlossenen und vergärbaren Kohlenhydrate aus dem Stroh frei.

Neue Aufgaben in der Energiewende
Mit zunehmenden Voranschreiten der Energiewende erhält Biogas neue wichtige Aufgaben in der nachhaltigen Stromversorgung. Neben den Anforderungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz müssen Landwirte und Anlagenbauer die Verordnungen zur Düngung und Anlagensicherheit im Auge behalten. Viele Betreiber gehen den Weg der Flexibilisierung und rüsten ihre Bestandsanlagen durch Gasspeicher und leistungsfähigere Blockheizkraftwerke auf – ein Trend, den auch das Angebot und Rahmenprogramm der diesjährigen EnergyDecentral widerspiegelt. Gleichzeitig arbeitet die Forschung mit Hochdruck daran, alternative Substrate verfügbar zu machen. Wissenschaftler am Fraunhofer IKTS in Dresden wollen der Biogasbranche mit Strohpellets neue Potenziale erschließen. Sie sinken im Fermenter ab und lösen sich innerhalb von 60 Minuten auf. Die chemisch-mechanische Aufbereitung führt zu 40 Prozent mehr Gasausbeute im Vergleich zu unbehandeltem Stroh – ohne Umbau bestehender Biogasanlagen.

Interessenten erhalten weitere Informationen über die EnergyDecentral 2018 bei der DLG. Ansprechpartner ist Marcus Vagt, Tel.: 069/24788-279 oder E-Mail: m.vagt@dlg.org. Informationen sind zudem im Internet unter https://www.energy-decentral.com/ verfügbar

Bild & Text: energy-decentral.com