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Ausg.Nr._20/2017

Bauteilfertigung

U

m Prozesskosten bei der

industriellen Bauteilfer-

tigung zu senken und die

Qualität zu steigern, kommen

zunehmend diamantbeschich-

tete Zerspanwerkzeuge aus

Hartmetall zum Einsatz. Proble-

matisch ist bislang die Schicht-

haftung, insbesondere bei der

Bearbeitung von Verbund- und

Leichtbauwerkstoffen. Eine ge-

eignete Vorbehandlung ist daher

essentiell. Dr. Manuel Mee vom

Fraunhofer-Institut für Werk-

stoffmechanik IWM hat eine

neue

Vorbehandlungsroutine

zur Steigerung der Haftung von

CVD-Diamant auf Hartmetall

entwickelt: Durch Bündelung

verschiedener

Verfahrensan-

sätze in einem Prozess können

sämtliche Einflussfaktoren der

Schichthaftung berücksichtigt

und diese damit grundlegend

verbessert werden.

Hartmetall ist heute der ge-

bräuchlichste Werkstoff für indus-

trielle Schneidwerkzeuge. Dies

ist der Kombination aus Wolfram-

karbid und Cobalt zu verdanken:

Während der Werkstoff seine Här-

te dem Wolframkarbid verdankt,

so ist eine für viele Anwendungen

hinreichende Zähigkeit erst durch

das Cobalt, das die Wolframkar-

bid-Körner im Werkstoffgefüge

zusammenhält,

gewährleistet.

Eine Diamantbeschichtung soll

aufgrund ihrer besonderen Här-

te den Verschleißwiderstand des

Werkzeugs noch einmal deutlich

steigern. »Doch genau hier liegt

die Herausforderung, denn das

Cobalt im Hartmetall sorgt wäh-

rend des Beschichtungsprozes-

ses dafür, dass die Diamantstruk-

tur nicht stabilisiert werden kann.

Stattdessen wird graphitartiger

Kohlenstoff gebildet« erklärt Dr.

Manuel Mee, Wissenschaftler der

Gruppe »Tribologische Schicht-

systeme« des Fraunhofer IWM.

Um zu verhindern, dass Cobalt

mit dem entstehenden oder be-

reits synthetisierten Diamant in-

teragiert, wird die Cobaltphase

an der Oberfläche des Hartme-

tallwerkzeugs gegenwärtig mit

einem

nasschemischen

Ver-

fahren entfernt. Eine derartige

Vorbehandlung bewirkt aller-

dings, dass die Randzone des

Hartmetalls porös wird und ihre

Zähigkeit einbüßt.

Insbesondere die ungleichmä-

ßige Belastung beim Schneiden

inhomogener Werkstoffe – zum

Beispiel

kohlefaserverstärkte

Kunststoffe – fördert die Zerrüt-

tung der nun anfälligeren Rand-

zone. Die Folge ist: Die Diamant-

schicht platzt ab.

Erheblich verkürzte

Prozessdauer

»Mit dem neuen Verfahren kön-

nen wir jetzt die Stabilität der

Randzone aufrechterhalten und

sogar leicht steigern«, erläutert

Mee. Weil er sämtliche Verfah-

rensschritte mit einem Mikro-

wellenplasma umsetzt, muss die

Prozesskette nicht unterbrochen

werden. Dies spart zusätzliche

Arbeitsschritte und damit wert-

volle Zeit. Ein weiterer wichti-

ger Aspekt: Das in dieser Weise

hergestellte Werkzeug lässt sich

nach seinem Verschleiß rezyklie-

ren, indem die Beschichtung ent-

fernt und die Verfahrensroutine

erneut angewandt wird. Der Ma-

terialbedarf sinkt, was vor allem

mit Blick auf das im Verfahren

genutzte Wolfram vorteilhaft ist,

da dieser Rohstoff hauptsächlich

in China gewonnen wird und auf

dem Weltmarkt nicht verlässlich

zu beschaffen ist.

Mehrere Verfahren in einem

Prozess vereint

Um die Haftung von Diamant

auf Hartmetall zu gewährleis-

ten, sind alternativ zum bislang

nahezu ausschließlich ange-

wandten nasschemischen Ver-

fahren weitere Ansätze zur Ober-

flächenbehandlung

möglich,

die Dr. Manuel Mee in einem

einzigen durchgängigen Pro-

zess zur Werkstofffunktionalisie-

rung gebündelt hat: »Durch die

CVD-Diamantbeschichtung

Neuer, innovativer Prozess verbessert die Haftung

von Diamant auf Hartmetall

Mit dem neu entwickelten

Verfahren können inzwischen

Hartmetall-Werkzeuge vorbe-

handelt und beschichtet werden;

Wendeschneidplatte (Bild oben):

links unbehandelt, rechts vorbe-

handelt; Fräser (Bild unten): Hart-

metalloberfläche unbehandelt

(oben) und vorbehandelt und mit

Diamant beschichtet (unten).

Die Hartmetalloberfläche mit dem Funktionsgradienten, hergestellt

mit dem neuen Verfahren, das die Haftung der anschließend aufge-

brachten Diamantschicht wesentlich verbessert.

Bruchkante eines diamantbeschichteten Hartmetallbauteils, das mit

dem neu entwickelten Verfahren

vorbehandelt wurde und die Haftung der Diamantschicht wesentlich

verbessert.