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Ausg.Nr._22/2017

Gesundheitsprodukte

W

er bei Facebook `Izzy-

period´ in die Such-

maske eingibt, stößt

auf diesen Satz: „Izzy is your

friend. She understands you

and helps you being prepared by

keeping track of your menstrual

cycle“. Er ist bereits mehr als

tausend Mal geteilt worden und

hat bis Ende August mehr als 750

Kommentare erzeugt. Das wäre

prinzipiell nichts Außergewöhn-

liches, wäre `Izzy´ eine Person.

Es handelt sich jedoch um einen

Chatbot. Solche textbasierten

Systeme, mit denen jeder in na-

türlicher Sprache online kommu-

nizieren kann, sind weltweit auf

dem Vormarsch und auch im Ge-

sundheitswesen wird ihnen ein

großes

Entwicklungspotenzial

zugeschrieben.

Zu Themen und Trends, die die

Digitalisierung der Medizin be-

sonders prägen werden, bietet

das MEDICA HEALTH IT FORUM im

Rahmen der MEDICA 2017 einen

spannenden Über- und Ausblick.

Von Künstlicher Intelligenz (KI),

`Precision Medicine´, Internetme-

dizin über Big Data und `Partici-

patory Health´ sowie eben auch

Chatbots reicht die diesjährige

Bandbreite des seit Jahren eta-

blierten Forums. „Wir entwickeln

einenweiblichen Chatbot basierend

auf dem Facebook-Messenger. Sie

heißt Izzy“, startet Dr. Hajnalka He-

jja, Medical Doctor, Founder & CEO

Smart Health UG aka MediLad, ihre

Erklärung. Heija ist eine der Refe-

rentinnen beim MEDICA HEALTH IT

FORUM in der Session „In case of

discomfort ask your chatbot – in-

telligent Robots and Apps enter the

Healthcare Ecosystem“ (Montag, 13.

November, ab 13:20 Uhr). Izzy ist

eine Gefährtin für junge Frauen, die

mehr über reproduktive Gesundheit

erfahren wollen. Sie soll zwar nicht

bei der Verhütung einer Schwanger-

schaft helfen. Dies überlässt Smart

HealthUGakaMediLad anderen An-

bietern. Die erste Anwendung von

Izzy ist die Vorhersage vonMenstru-

ation und Eisprung. Der Unterschied

zu Apps: Es muss keine App bzw.

Software installiert werden und die

Interaktion gestaltet sich komplett

anders. Denn es findet quasi ein

Gespräch zwischen Userin und dem

weiblichen Chatbot (via Facebook

Messenger) statt. Die Eingabe von

wenigen Daten reicht aus, um den

Verlauf des Menstruationszyklus

hinreichend genau zu erfassen.

Bislang seien es laut Dr. Hajnalka

Hejja vorrangig junge Frauen aus

den USA und Großbritannien, die

diesen Dienst nutzten. „Obwohl

Izzy bislang ausschließlich eng-

lischsprachig ist, gibt es aber auch

einige deutsche Nutzerinnen“, so

Heija. Der Chatbot-Dienst richte

sich an alle jungen Frauen, die in ei-

nem sozialen Umfeld aufwachsen,

in dem Gespräche über Schwan-

gerschaftsaspekte schwierig bis

unmöglich seien. Die Nutzung von

Izzy ist dabei kostenfrei, obwohl

natürlich auch für einen Service wie

diesen eine Finanzierung sicherzu-

stellen ist.

Deutschland sei ein guter Stand-

ort, um hochqualitative Anwen-

dungen im Gesundheitswesen

zu etablieren, berichtet Hejja. Es

gebe zahlreiche private Versiche-

rungen und private Anbieter, die

bereit seien, für diese innovative

Form der Information und Kom-

munikation zu zahlen. „Geplant

ist, besondere Services mit Firmen

zu entwickeln, deren Zielgruppe

weiblich ist. Wir suchen derzeit

nach Partnern auf diesem Gebiet“,

berichtet Hejja. Izzy solle sich in

der Folge zu einem Marktplatz für

weibliche Gesundheitsprodukte

entwickeln, wobei die Kommuni-

kation über den Facebook Mes-

senger aus Sicht von Smart Health

UG aka MediLad nur der erste Ver-

breitungsweg sei. Weitere Mes-

senger-Dienste wie Telegram oder

Kik sollen folgen. Hejja räumt da-

bei zwar ein, dass die Nutzung von

Chatbots im Gesundheitswesen

zurzeit noch relativ ungewöhnlich

sei: „Dies wird sich aber ändern,

weil sich die Gesellschaft ändert.

Das sehen wir auch für Deutsch-

land so.“

So kommt Forschungswissen

schneller ans Patientenbett

Solche Dienste sind genauso Be-

standteil der Digitalisierungswel-

le in der Medizin und der damit

verbundenen `Ermächtigung´ des

Patienten wie der Einsatz von IT

in der `Precision Medicine´. Auch

diesem Gebiet gehört die Zukunft.

Bundesforschungsministerin Prof.

Johanna Wanka hat erst kürzlich

darauf aufmerksam gemacht, dass

die Regierung in dieser Legisla-

turperiode insgesamt 700 Milli-

onen Euro für die Forschung zur

Präzisionsmedizin bereitgestellt

habe. Aber sie erklärte zugleich,

dass es immer noch Hürden gebe,

Forschungswissen schnell ans

Krankenbett zu bringen. Genau

dies ist das Ziel der Forschung von

Prof. Erwin Böttinger. Der bisheri-

ge Leiter des Berliner Instituts für

Gesundheitsforschung (BHI) ist

nun zum Hasso-Plattner-Institut

(HPI) gewechselt – und er ist ge-

plant beim MEDICA HEALTH IT

FORUM als Keynote-Speaker am

Montag, 13. November, zur Podi-

umsdiskussion „The Future is di-

gital: How Data and Analytics will

transform the Healthcare Market

(in the next 5 years).“ Projekte, in

denen BHI und HPI kooperieren,

schließt er nicht aus: Am BHI wird

die Entwicklung von klinischen

Entscheidungshilfen

für

den

„Echtzeit-Einsatz“ am Point-of-

care vorangetrieben. Das bezieht

sogar Aktivitäten in Aus-, Fort- und

Weiterbildung ein.

Präzisionsmedizin aus der

`Datenwolke´

Böttinger erläutert seinen Schritt:

„Ich habe jetzt am HPI die Möglich-

keit, sehr fokussiert Präzisionsme-

dizin durch Neuentwicklung von

digitalen Lösungen voranzutrei-

ben. Daher habe ich die Position

als Head des Digital Health Centers

am HPI angenommen.“ Ziel der

Arbeit dort ist die Entwicklung der

‚Gesundheitscloud’ – eine umfas-

sende und vom Patienten kontrol-

lierte, überall zugängliche Gesund-

heitsdatenplattform, die Patienten

ermächtigen sowie Gesundheits-

einrichtungen und -personal helfen

soll, beispielweise beim Umgang

mit chronischen Erkrankungen.

Dem Patienten – und auch demGe-

sundheitspersonal – könnten sich

auf diese Weise völlig neue Wege

Von Chatbots, Künstlicher Intelligenz, Big Data

bis hin zur Health Cloud