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Ausg.Nr._12/2017

MERLIN

I

m Jahr 2021 soll der deutsch-

französische Satellit MERLIN

zur Erforschung von Methan-

Emissionen auf der Erde gestar-

tet werden. Mit an Bord ist ein

Lasersystem, das auch unter

extremen Bedingungen präzise

arbeitet. Die Technologie da-

für wird am Fraunhofer-Institut

für Lasertechnik ILT in Aachen

entwickelt und auf der LASER

World of Photonics 2017 vorge-

stellt.

Methan wird als Klimagas noch

nicht so viel diskutiert wie Koh-

lendioxid, bei der Erderwärmung

ist es aber pro Molekül 25-mal

wirksamer. Kohlendioxid kommt

jedoch in der Atmosphäre etwa

200-mal häufiger vor und ist da-

mit absolut wirksamer. Seit 2007

steigt die Methankonzentration

in der Atmosphäre schnell an,

ohne dass die Ursachen für das

Phänomen wirklich klar wären.

Vor dieser Kulisse wurde 2010

das deutsch-französische MERLIN-

Projekt beschlossen. Der Klein-

satellit MERLIN (Methane Remote

Sensing LIDAR-Mission) soll 2021

starten und das Methan in der

Erdatmosphäre kartieren. Die

Wissenschaftler wollen so verste-

hen, in welchen Regionen Methan

in die Atmosphäre eingebracht

wird und wo es abgebaut wird.

Kernstück des Satelliten ist ein

Licht-Radar (LIDAR), das Lichtpul-

se in die Atmosphäre schickt und

aus dem vom Erdboden zurückge-

streuten Licht die Methankonzen-

tration bestimmt. Bislang wurde

für Methanmessungen mittels op-

tischen Spektrometern die Son-

nenstrahlung benötigt. Mit dem

MERLIN-LIDAR können die Werte

aber auch auf der Nachtseite der

Erde gemessen werden. Außer-

dem sind nun auch Messungen

in kleinräumigen Wolkenlücken

möglich.

Wie entwickelt man Laser

für den Weltraum?

Die Anforderungen an den Laser

für die MERLIN-Mission sind ex-

trem: Das System muss Schocks

sowie Vibrationen bis 25 grms

genauso aushalten wie thermi-

sche Wechsellasten von -30°C

bis +50°C. Außerdem sollen or-

ganische Materialien wie Kleb-

stoffe

möglichst

vollständig

vermieden werden, um nicht die

Umgebungsluft und damit die

hochreinen Spiegelflächen zu

verunreinigen. Und alles muss

nach dem Start für die Missions-

dauer von 3 Jahren störungsfrei

funktionieren.

Für Partner wie DLR, Airbus

Defence and Space, TESAT Space-

com und die ESA entwickelt das

Fraunhofer ILT seit Jahren Techno-

logien für solche weltraumtaugli-

chen Laser. Einzelne Systeme sind

schon geflogen, aber jetzt haben

die Experten mit FULAS (Future

Laser System, gefördert durch die

Europäische Weltraumorganisati-

on ESA, FKZ C0O-8/09/FF), eine

neue Technologieplattform für

Lasersysteme geschaffen. Diese

lässt sich auf unterschiedliche

Laserstrahleigenschaften

und

Missionen anpassen. Die FULAS-

High-Power-Sektion wurde 2016

fertiggestellt. Das System hat ers-

te Thermalvakuumtests unter rea-

listischen MERLIN-Bedingungen

bereits bestanden.

Für die FULAS-Plattform ent-

wickeln die Experten nicht nur

raumfahrttaugliche Komponen-

ten, sondern auch eine ganz

eigene Aufbautechnologie: Bei

den opto-mechanischen Kom-

ponenten werden alle wesentli-

chen Justierschritte mit manuell

geführten Robotern mit Hilfe des

sogenannten Pick & Align-Verfah-

rens durchgeführt. Damit ist das

Verfahren grundsätzlich automa-

tisierbar und somit auch für ande-

re Branchen interessant.

MERLIN ist auf dem Weg

zum Take-off

Auch der LIDAR-Laser für MERLIN

baut auf der FULAS Plattform auf.

Auf und unter einer speziellen

optischen Bank sind Laser-Oszil-

lator, -Verstärker und Frequenz-

konverter befestigt. Mit dem Pick

& Align-Verfahren sind die opti-

schen Komponenten justiert und

verlötet.

Die Parameter im Detail sind eine

Herausforderung: Für den LIDAR-

Betrieb soll das Lasersystem 9

mJ-Doppelpulse bei zwei Wellen-

längen um 1645 nm im Einzel-

frequenz-Betrieb liefern, wobei

einer der Pulse spektral stets ex-

akt auf eine charakteristische Me-

thanabsorptionslinie eingestellt

wird. Genutzt wird dafür ein maß-

geschneiderter Aufbau aus einem

Oszillator mit aktiver Längenrege-

lung sowie dem mehrfach preis-

gekrönten

InnoSlab-Verstärker

bei einer Wellenlänge von 1064

nm und einem längengeregel-

ten Frequenzkonverter (OPO) mit

zwei KTP-Kristallen.

Als MERLIN-Vorläufer ist das

LIDAR-System der CHARM-F Mis-

sion schon 2015 mit dem For-

schungsflugzeug HALO geflogen.

Damals hatte noch das DLR-Insti-

tut für Physik der Atmosphäre die

Frequenzkonvertierung für das

LIDAR integriert. Für MERLIN wur-

den ausgehend von der Technolo-

gieplattform FULAS Halterungs-

und Justagekonzepte für einen

optimierten OPO entwickelt und

bereits erfolgreich umgesetzt.

Die Robustheit des kompletten

OPO-Aufbaus konnte in MERLIN-

Temperaturtests nachgewiesen

werden.

Nachdem im vergangenen Jahr

der PDR-Status (Preliminary De-

sign Review) erreicht wurde, wird

aktuell der CDR-Status (Critical

Design Status) erarbeitet und

der Bau eines EQM (Engineering

Qualification Model) vorbereitet.

Dieses Modell soll später umfang-

reichen Tests unterzogen werden

und somit die Tauglichkeit für den

Einsatz im Weltraum nachweisen.

Mit den daraus gewonnenen Er-

kenntnissen wird dann das end-

gültige Flugmodell (FM) gebaut.

Die grundsätzlichen Laserpara-

meter wurden jedoch bereits an

einem Labormodell nachgewie-

sen, das auf Standardkomponen-

ten basiert.

Der Betrieb des MERLIN-Systems

im All ist in etwa 3 Jahren geplant,

die Fertigungstechnologien und

die Testprozeduren sind schon

jetzt etabliert und können für

weitere flugtaugliche Systeme

genutzt werden. Und wie so oft

in der Raumfahrt ergeben sich

interessante Synergien für ande-

re Anwendungen: Eine automati-

sierte Justierung optischer Kom-

ponenten zum Beispiel ist für die

Fertigung von Laserquellen an der

Tagesordnung.

Das MERLIN-LIDAR-Modell wird

auf der LASER World of Photo-

nics 2017 in München auf dem

Fraunhofer-Gemeinschaftsstand

A2.431

gezeigt.

Das MERLIN-Projekt wird durch

das Bundesministerium für Wirt-

schaft und Energie BMWi geför-

dert (Förderkennzeichen 50 EP

1601), Projektträger ist das Raum-

fahrtmanagement des Deutschen

Zentrums für Luft-und Raumfahrt

DLR.

Text & Bild:

Fraunhofer-Institut für

Lasertechnik ILT

Steinbachstr. 15

D-52074 Aachen

Robuste Lasertechnik für Umwelt-Satelliten

Künstlerische Darstellung des

MERLIN-Instruments auf Basis

der Myriade-Satellitenplattform.

© Foto CNES/illustration David

DUCROS, 2016.