Fairmessage-Agritechnica-2023

26 Ausg. Nr._06/2023 Globale Landwirtschaft Globale Landwirtschaft: Rahmenbedingungen, Herausforderungen, Erwartungen Die DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) lädt die internationale Agrarbranche vom 12. bis 18. November 2023 zur Weltleitmesse für Landtechnik, zur Agritechnica, nach Hannover ein. Mit über 2.600 Ausstellern aus 53 Ländern präsentiert sich die Agritechnica nach der Corona-Pandemie erstmals wieder als Präsenzmesse mit einer hohen Ausstellerzahl und einem großen Ausstellungsangebot wie zuletzt im Jahr 2019. Die Rahmenbedingungen für die Branche sind allerdings weiterhin nicht einfach: So bedeuten die Auswirkungen von Russlands Krieg in der Ukraine auch eine Zeitenwende für die globale Landwirtschaft und alle Landtechnikhersteller. Und nicht zuletzt sind die Auswirkungen des Klimawandels immer spürbarer, die anstehenden agrarpolitischen Änderungen durch die GAP-Reform und den Green Deal werfen ihre Schatten voraus, und die Situation auf den Finanzmärkten – Stichwort Zinspolitik – macht die Planung von Investitionen nicht einfach. Einfluss von Wetter und Klima immer stärker In den letzten Jahren hat die Anzahl extremer Wetterlagen in vielen Regionen der Erde zugenommen. Die Erde erlebt derzeit den heißesten Dreimonatszeitraum seit Beginn der Aufzeichnungen, mit beispiellosen Meeresoberflächentemperaturen und vielen extremen Wetterereignissen. Der August 2023 war rund 1,5 °C wärmer als der vorindustrielle Durchschnitt, die letzten neun Sommer waren die wärmsten seit der Aufzeichnung von Wetterdaten. Trotz der kühlen Regenphase im Juli bestätigt auch der Sommer 2023 leider den klimatischen Temperaturanstieg. Diese Situation führt in der landwirtschaftlichen Produktion zu immer höheren Unsicherheiten im Ertragsniveau und für die Qualitäten der landwirtschaftlichen Produkte. Und betriebliche Maßnahmen für die Anpassung an die Änderungen des Klimas, wie Bewässerungsmaßnahmen, werden die Produktionskosten langfristig erhöhen. Auch europaweit betrachtet hat die Vorsommertrockenheit die Pflanzenproduktion vor riesige Herausforderungen gestellt. Mitte Juni 2023 wurde der westliche Mittelmeerraum von einer Dürre noch stärker getroffen als 2022. Der östliche Mittelmeerraum und Italien haben sich nach einem kritischen Vorfrühling recht gut erholt. Dennoch waren in Europa die Dürrebedingungen in den Jahren 2023 und 2022 schlimmer als 2021, mit Ausnahme von Nordskandinavien. Im August 2023 folgte nach einer vorsommerlichen Dürre ein schwerer Wetterwechsel und erschwerte die Ernteaktivitäten in Europa. Die unterschiedlichen Wetterextreme in Regen- und Trockengebieten führten zu sehr unterschiedlichen Auswirkungen auf die Sommer- und Winterkulturen. Starke Regenfälle, Gewitter und Hagelstürme richteten in Norditalien, Slowenien und Kroatien erhebliche Schäden an. Die Landwirtschaft muss sich zukünftig großen Herausforderungen stellen: • Das Wassermanagement muss optimiert werden und darauf aufbauend müssen neue Strategien zur Bodenbearbeitung entwickelt werden. • Die Pflanzenzüchtung wird den Fokus auf neue Anbau- und Züchtungsmethoden setzen müssen. • Der Klimawandel erfordert Anpassungen der Fruchtfolgen und eine effizientere Nutzung der Betriebsmittel. • Insgesamt wird ein wachsender Bedarf an Investitionen zur Anpassung an das Klima entstehen. Wie sieht es auf den Agrarmärkten aus? Die Situation auf den globalen Agrarmärkten für Weizen ist gekennzeichnet durch ein weltweit knappes Angebot, eine geringere Handelstätigkeit und geringere Lagerbestände als üblich. Es wird mehr verbraucht als produziert. Die Produktionsrückgänge in der EU, China und Kanada werden nur teilweise durch Steigerungen in der Ukraine und Kasachstan ausgeglichen. Das bedeutet, dass die Lagerbestände wichtiger Exporteure zurückgehen. Mit dem Auslaufen der Schwarzmeer-Getreideinitiative verbleiben die Exporte der Ukraine unverändert bei nur 10,5 Millionen Tonnen. Die globale Handelsbilanz für Getreide ist nahezu ausgeglichen, wenngleich die Bestände im Vergleich zu den Vorjahren immer noch eher niedrig sind. Die Salden ohne China zeigen eine leichte Entspannung, die Lagerbestände bleiben jedoch auf niedrigem Niveau. Derzeit sind kaum Signale für eine Preissenkung zu erkennen. Der Weizenpreis an der Matif ging erneut zurück, nachdem die Preise aufgrund von Spekulationen und Unsicherheit zu Beginn der Invasion Russlands in die Ukraine sehr hoch waren. Für die weitere Preisentwicklung besteht eine große Unsicherheit – die Vermarktung ist für die Erzeuger daher ein schwer zu kalkulierendes Geschäft. Die Milchpreise gingen 2023 ausgehend von einem sehr hohen Niveau zurück, der GDT-Milchpreisindex im August ist auf dem niedrigsten Stand seit fünf Jahren. Die Erzeugerpreise werden dieser Entwicklung folgen, was zuletzt auch einen Einfluss auf den Markt für Grünfuttertechnik haben wird. Aktuelle Investitionsabsichten der Betriebe in Europa Im August 2023 hat die DLG über 2.300 europäische Landwirtinnen und Landwirte im Rahmen einer „Short Study Agrifuture Insights“ zum Geschäftsklima und ihren Investitionsabsichten befragt. Die Ackerbaubetriebe haben ihre betriebliche Situation zumeist als wirtschaftlich gut eingeschätzt, das zukünftige Geschäftsumfeld jedoch eher durchschnittlich. In der Schweinehaltung wird die aktuelle Geschäftslage zwar aufgrund hoher Preise positiv betrachtet, für die betriebliche Weiterentwicklung fehlen jedoch stabile Rahmenbedingungen. Insgesamt fehlen damit positive Impulse für ein wirklich gutes Geschäftsklima. In der Milchviehhaltung sind viele Betriebe nach einer Erweiterungsinvestition mit einem hohen Schuldendienst und höheren Zinsen belastet. Dies führte 2023 bei niedrigeren Erzeugerpreisen zu weniger Liquidität im Vergleich zum Vorjahr.

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