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Ausg.Nr._05/2017
Industrie 4.0
M
it einem neuartigen
Konzept wollen For-
scher des Fraunhofer-
Instituts für Produktionsanla-
gen und Konstruktionstechnik
IPK die Vision von Industrie 4.0
realisieren. Ein digitaler Zwilling
bildet den gesamten Produkti-
onsprozess ab und ermöglicht
jederzeit den direkten Eingriff
in die Fertigung. Reale und vir-
tuelle Produktion verschmelzen
zu einem intelligenten Gesamt-
system.
Die effiziente Steuerung der Fer-
tigung gehört zu den Schlüssel-
technologien in der Industrie.
Da klingt die Idee, statt einer
gleich zwei Fabriken parallel auf-
zubauen, zunächst mal nur nach
doppeltem Aufwand. Was wäre
aber, wenn eine der Fabriken nur
in virtueller Form existierte? Auf
dieser Idee basiert das Konzept
aus dem Berliner Fraunhofer-
Institut für Produktionsanlagen
und Konstruktionstechnik IPK.
Die reale Produktionsstätte wird
vollständig auf digitaler Ebene
nachgebildet. Es entsteht ein
virtueller Zwilling, der nicht nur
die Produktionsanlage mit allen
Maschinen visualisiert, sondern
auch die dynamischen Abläufe
und das Verhalten der System-
bestandteile während der Ferti-
gung in Echtzeit wiedergibt. Im
virtuellen Zwilling lässt sich der
Fertigungsprozess detailliert be-
obachten. Zahlreiche Sensoren
geben dabei den Betriebsstatus
der einzelnen Arbeitsstationen
laufend an das System weiter.
Für die Steuerung der Produktion
eröffnen sich somit neue Mög-
lichkeiten. Die Produktionsplaner
können den Herstellungsprozess
im virtuellen Abbild analysieren
und dann gegebenenfalls einzel-
ne Schritte optimieren oder neu
organisieren.
System reagiert intelligent auf
Änderungen
Das Konzept des digitalen Zwil-
lings geht jedoch weit über ein
bloßes Abbilden der realen
Produktionsanlage hinaus. Tat-
sächlich funktioniert das System
bidirektional. Denn auch auf der
virtuellen Ebene kann man ein-
greifen und Änderungen vorneh-
men, die sich sofort simulieren
lassen. Auch die Änderungen in
der realen Anlage können in den
digitalen Zwilling eingespielt
werden. So könnte der Produkti-
onsleiter beispielsweise weitere
Maschinen für die Bearbeitung
eines Werkstücks aktivieren oder
einen zusätzlichen Arbeitsschritt
einbauen, etwa wenn eine Son-
deranfertigung verlangt wird. Die
Fertigung muss dazu nicht ge-
stoppt und neu konfiguriert wer-
den, vielmehr reagiert das Sys-
tem intelligent auf jede Änderung
und organisiert sich neu.
Reale und digitale Produktion
verschmelzen
Durch die Verschmelzung von
realer und digitaler Produktion
entsteht ein Gesamtsystem, das
sich im laufenden Betrieb selbst
überwacht, steuert und korri-
giert. Maschinen und Software
kommunizieren, soweit erforder-
lich, unabhängig vom Menschen
miteinander und halten so die
Produktion in Gang. Sollte bei-
spielsweise eine Störung vor-
kommen, wie etwa der Ausfall
eines Aggregats, kann das Sys-
tem selbstständig entscheiden,
wie das Problem zu beheben ist.
Der verantwortliche Produktions-
leiter sieht dann die Änderung in
der Produktion, muss aber nicht
selbst eingreifen.
Über den digitalen Zwilling,
den die Anlage kontinuierlich mit
Daten füttert, lässt sich darüber
hinaus die Qualität der Werkstü-
cke und des Endprodukts laufend
kontrollieren. Auch die Produktion
einer Kleinserie mit individuali-
sierten Einzelstücken lässt sich
mithilfe dieses Konzepts schnell
realisieren, und zwar so, dass die
Gesamtproduktion nur minimal
beeinträchtigt wird. Selbst die Her-
stellung von Einzelstücken (Losgrö-
ße-1-Produktion) wird durch den
Einsatz von Produktmodellen für
die Generierung von Produktions-
modellen (z. B. NC-Code) denkbar.
Vereinfachte Inbetriebnahme
neuer Produktionsanlagen
Ein weiterer Vorteil: Der virtuelle
Zwilling lässt sich auch bereits
bei der Konzeption und beim Bau
der Produktionsanlage einsetzen.
Noch bevor das erste reale Werk-
Industrie 4.0:
Virtueller Zwilling steuert die Produktion
© Foto Fraunhofer IPK
Der digitale Zwilling ist in Echtzeit mit der realen Produktionsanlage
synchronisiert.
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