Fairmessage-Emo-2023

30 Ausg. Nr._03/2023 Fachkräftemangel sinkt in Deutschland die Zahl der Studienanfängerinnen und -anfänger in den Ingenieurswissenschaften deutlich. „Das betrifft natürlich auch unsere Industrie, die schon heute große Schwierigkeiten hat, gut ausgebildeten Nachwuchs zu finden. Und damit ist es letztendlich ein Problem für unsere Gesellschaft, deren Wohlstand bekanntermaßen auf dem produzierenden Gewerbe gegründet ist“, warnt Wulfsberg. „Das Problem ist bei den Unternehmen schon angekommen, der Nachwuchsmangel ist für viele eine der größten Herausforderungen, größer als Energiekrise und Lieferkettenengpässe“, konstatiert der Wissenschaftler, der auch darauf verweist, dass die Unternehmen „mit einem echten, gelebten Wertesystem“ für junge Menschen attraktiv sein müssten. Auch Andre Wilms, Mitglied der Geschäftsleitung der Nachwuchsstiftung Maschinenbau gGmbH, zeigt sich davon überzeugt, dass technische Lösungen wie Fernwartung oder Vollautomation nicht ausreichen werden, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Die Stiftung des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus mit Sitz in Frankfurt am Main hat sich deshalb die Förderung der Ausbildung von Fachkräften in ihrer Branche auf die Fahnen geschrieben. Aus- und Weiterbildung muss stärker werden „Qualifizierte Fachkräfte sind der Garant für unseren technologischen Fortschritt. Um die digitale Transformation auf hohem Niveau zu vollziehen, müssen Unternehmen ihre Aus- und Weiterbildungsaktivitäten deutlich verstärken“, erklärt Wilms. Der Mehrwert der Ausbildung liege in der Entdeckung und Entwicklung von Talenten und im starken Bezug zum Unternehmen. „Technische Lösungen, wie die Automation von Produktionsprozessen, können aber dabei helfen, das Fachkräftepotenzial im Unternehmen gezielter einzusetzen und den Fachkräftemangel zu kompensieren“. Nachwuchs aus Recruiting-Netzwerken Unterdessen vergrößert der demografische Wandel die Fachkräftelücke weiter und verschärft das Problem. In den kommenden zehn Jahren werden laut Wilms mehr Arbeitnehmende mit Erreichen des Renteneintrittsalters den Arbeitsmarkt verlassen, als dass neue dem Arbeitsmarkt zufließen. Laut Fachkräftemonitor NRW fehlen allein dadurch im Jahr 2035 etwa 25 Prozent der technischen Fachkräfte im Maschinenbau. „Die Nachwuchsgewinnung muss zukünftig durch die gesamte Branche gestaltet werden“, fordert Wilms und macht einen konkreten Vorschlag: „Unternehmen könnten dafür vermehrt auf Recruiting-Netzwerke setzen und gute Bewerbende, die nicht selbst ausgebildet werden können, innerhalb ihres Netzwerkes weiterempfehlen. So bleibt das Fachkräftepotenzial in der Branche.“ Derweil können kreative Ausbildungskonzepte helfen, aktuelles Fachwissen effizient weiterzugeben. Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, brauche es daher „flexible Qualifizierungskonzepte, die mit den rasanten technologischen Entwicklungen Schritt halten können“, sagt Wilms. Die Lernplattform MLS, die Abkürzung steht für „Mobile Learning in Smart Factories“, soll Lernenden durch die Anbindung externer Partner, wie Maschinen- und Softwarehersteller oder Content-Verlage, den Vorteil bieten, „Wissen aus erster Hand“ zu konsumieren, wie Wilms erläutert. Die Lerninhalte seien frei kombinierbar und an die betriebsspezifischen Bedingungen anpassbar. Außerdem könnten eigene Inhalte importiert, mit einem didaktisch gestützten Autorentool selbst erstellt oder mit anderen Organisationen geteilt werden. „Das sorgt dafür, dass immer aktuelles Wissen in die Aus- und Weiterbildung der Unternehmen gelangt und Arbeitnehmende bedarfsgerecht qualifiziert werden können“, so Wilms. Fachpersonal für kritische Anlaufproduktion Auch die Hersteller von Produktionsmaschinen haben die Schulung von Maschinenbedienenden selbst in die Hand genommen. „Im Bereich Maschinenbedienung haben wir verschiedene Angebote, in denen dem Bediener so einfach, schnell und effektiv wie möglich beigebracht wird, unsere Maschinen intuitiv bedienen zu können“, sagt Müller, der GrobWerke-Manager. Die Kunden könnten dabei aus unterschiedlichen Modulen die für ihre Mitarbeitenden passende Schulung auswählen. „Zudem bauen wir in all unseren Produktionswerken unsere Schulungsabteilungen kontinuierlich weiter aus“, so Müller. Darüber hinaus stelle Grob, in Abstimmung mit den Kunden, Grob-Fachpersonal bei kritischen Anlaufproduktionen zur Verfügung. Trumpf bietet derweil auf der ganzen Welt Schulungen zu allen Disziplinen in der Blechfertigung an – von der Teilekonstruktion bis hin zur digitalen Fertigungssteuerung. Außerdem hat der Laserspezialist im vergangenen Jahr mit der Smart Factory Consulting GmbH eine eigene Unternehmensberatung gegründet, die Unternehmen auf dem Weg zur vernetzten Fertigung begleitet. „So lassen sich Produktivitätspotenziale heben, ohne zusätzliches Personal einzustellen“, hebt Trumpf-Manager Kunz hervor. Für produzierende Unternehmen im Ausland, darunter in den USA oder China, ist der Zugang zu qualifizierten technischen Fachkräften oftmals besonders schwierig. Können Werkzeugmaschinenbauer ihren Kunden zur Linderung des Fachkräftemangels in den wichtigen Auslandsmärkten spezielle Lösungen anbieten? Große, international aufgestellte Anbieter wie Trumpf halten auch hierfür Ressourcen bereit. „Wir unterstützen Unternehmen auf der ganzen Welt, dem Fachkräftemangel zu begegnen“, sagt Kunz und präsentiert eine technische Lösung. Software schont Kapazitäten der Beschäftigten Beispielsweise könnten Anwender mit der Trumpf-Software Oseon ihre Fertigung digital planen und steuern. „Das schont die Kapazitäten der Mitarbeiter, da sie sich etwa um die Planung des Materialtransports keine Gedanken machen müssen“, so Kunz. „Mit der Nutzung eines Automatic Guided Vehicles besteht zudem die Chance, auch den Materialtransport selbst zu automatisieren“, erklärt er. Außerdem stelle die Software dem Personal in der Fertigung auf einem Tablet alle relevanten Informationen zum nächsten Arbeitsschritt in ihrem Arbeitsumfeld übersichtlich bereit. „Das reduziert Fehler und neue Mitarbeiter können schneller ihre Tätigkeit aufnehmen.“ Unternehmen müssen auch selbst aktiv werden Auch die Grob-Werke bieten Kunden in den Auslandsmärkten Schulungen für ihre Produkte an, „um so das Personal bestmöglich auf die Bedienung unserer Anlagen vorzubereiten“, wie Grob-Manager Müller erklärt. Doch auch Müller weiß, dass Schulungen durch die Unternehmen und technische Lösungen wie Vollautomation nur begrenzt helfen, wenn Fachkräfte fehlen: „Die Suche nach Fachkräften können wir natürlich für unsere Kunden nicht übernehmen, das muss jedes Unternehmen für sich selbst tun.“ Text: Deutsche Messe Messegelände 30521 Hannover Fortsetzung von Seite 24

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