Fairmessage-Emo-2023

Ausg. Nr._03/2023 27 Maintenance) zu implementieren, auch wenn es bei vielen Anwenderinnen und Anwendern noch sehr viele Vorbehalte dagegen gebe. „Wir sehen aber bereits eine neue junge Generation von Maschinenbetreibern, die mit dem Internet aufgewachsen ist und für die es natürlich ist, die damit verbundenen Technologien auch zu nutzen.“ Dazu dürfte auch die wissenschaftliche Forschung beitragen. Das BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung) fördert gegenwärtig zahlreiche Projekte entlang der Wertschöpfungskette, angefangen beim reparaturfreundlichen Produktdesign bis zur Rückgewinnung von Rohstoffen. Die Digitalisierung wird als wichtiger Schlüssel zum Erfolg der Circular Economy gesehen. Durch digitale Technologien lassen sich die entsprechenden Akteure besser vernetzen. Unter den bislang geförderten Projekten findet sich beispielweise das Projekt Relife (Adaptives Re-Manufacturing zur Lebenszyklusoptimierung vernetzter Investitionsgüter). Dabei geht es nach Angaben des federführenden Werkzeugmaschinenlabors der RWTH Aachen um eine adaptive Instandhaltungsstrategie, die anhand von Sensorik-Auswertungen den optimalen Zeitpunkt und Umfang von Instandhaltungsmaßnahmen bestimmt. Dabei werden sowohl technische als auch ökonomische und ökologische Gesichtspunkte berücksichtigt. Basierend auf dem sensorisch überwachten Verschleißzustand von Komponenten werden präventive Re-Manufacturing-Maßnahmen vorgeschlagen. So soll die älter werdende Maschine auf dem technischen Niveau einer neuen Maschine gehalten werden, eine Vorgehensweise, die auch neue Geschäftsmodelle implizieren dürfte. R-Strategien für das zweite und dritte Leben In der Wissenschaft ist oft von den so genannten R-Strategien und ihren Grundprinzipien Reduce, Reuse, Recycle die Rede. Die R-Strategien bilden das Grundgerüst der Transformation hin zur Kreislaufwirtschaft. Es geht darum, den Materialeinsatz zu reduzieren (Reduce), ausgemusterte Produkte nicht zu entsorgen, sondern an Dritte zu veräußern und weiter zu nutzen (Reuse). Um die Nutzungsdauer eines Produkts zu verlängern, werden Produkte repariert, damit sie ihre Funktion wieder erfüllen (Repair). Bei Refurbishment werden Bauteile nicht nur repariert, sondern auch auf den aktuellen Stand der Technik gebracht. Re-Manufacturing wiederum beschreibt den Vorgang, dass das Produkt eine äquivalente Qualität verglichen mit einem neuen Produkt bekommt. Bei den Werkzeugmaschinenherstellern stellt die Generalüberholung von Maschinen einen wichtigen Geschäftszweig dar. Was hier realisierbar ist, zeigen Beispiele der Firma Waldrich Coburg die neben Vertikaldrehmaschinen und Schleifmaschinen vor allem sehr große Fräsen in horizontaler und vertikaler Bauweise herstellt. Pro Jahr werden durchschnittlich drei Maschinen einem KomplettRetrofit unterzogen. Wie Steffen Nitzsche, Projektmanager Retrofit, dazu erläutert, setzt das Unternehmen für seine Produkte ohnehin in hohem Maße recycelbare Werkstoffe wie Gusseisen und Stahl ein und reduziert so den Verbrauch von natürlichen Ressourcen. Auf Kunststoffe werde weitgehend verzichtet. Die Maschinen verfügen über hydrostatische Führungen, die praktisch verschleißfrei betrieben werden und nach 30 oder 40 Jahren gerade „gut eingelaufen“ seien, bemerkt der Experte. Er beschreibt das Beispiel einer Gantry-Fräsmaschine, Baujahr 1981: Die Maschine mit den imposanten Hauptabmessungen Plattenfeld 3.600 mm x 13.500 mm, Durchgangsbreite 4.600 mm und einer Durchgangshöhe von 3.500 mm erhielt einen mechanisch und elektrisch komplett überholten und modernisierten Frässupport und einen modernen Gantry-Antrieb. Es wurden dabei auch alle Vorschubgetriebe überholt. Die Maschine bekam eine komplett neue Elektrik sowie eine moderne Steuerung des Typs Siemens 840D, neue Achsantriebe, Hydrostatik- und Hydraulikkomponenten. Letztendlich bleiben von einer Maschine beim Retrofit rund 90 bis 95 Prozent des Gewichts erhalten. Die restlichen 5 Prozent sind in der Regel Schaltschrank- und Kabelmaterial.Ds wird aber auch nicht entsorgt, sondern an einen externen Dienstleister übergeben und nochmals zu 30 bis 40 Prozent wiederverwendet. „Aus alt mach neu“ als Alternative zur Neuinvestition Matthias Helmprobst, Leiter der Steuerungstechnik bei Waldrich Coburg, legt Wert darauf festzustellen, dass eine über 40 Jahre alte Maschine nicht nur komplett überholt, sondern tatsächlich auf den neusten Stand der Technik gebracht werden kann. Durch den Einsatz modernster Steuerungs- und Rechnertechnik mit den aktuell verfügbaren Betriebssystemen und Sicherheitsarchitekturen entspricht die Maschine nach der Überholung auch IT-technisch den aktuellen Standards und könne damit beispielsweise ins Firmennetzwerk eingebunden werden. Der finanzielle Aufwand für eine Modernisierung bewege sich dabei, je nach Umfang, zwischen 30 und 60 Prozent einer vergleichbaren Neuinvestition und stelle deshalb oft die wirtschaftlichere Alternative dar. Bei Waldrich Coburg genießt das Thema Kreislaufwirtschaft einen sehr hohen Stellenwert, betont Matthias Helmprobst. Die Umsetzung sei seiner Auffassung nach weniger an die technischen Möglichkeiten gekoppelt, sondern vor allem eine Frage der Mentalität. „Viele haben im Kopf, dass eine 40 Jahre alte Maschine rückständig sein muss“, sagt er und ergänzt: „Dieses Denken müssen wir ändern, wenn wir die Produktion im Sinne der Kreislaufwirtschaft voranbringen wollen.“ Text & Bild: Deutsche Messe Messegelände 30521 Hannover Werte erhalten, Ressourcen

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