Ausgabe zur AUTOMATICA 2018
20 Ausg.Nr. 12.1/2018 Innovationsoffensive D ie Wucht, mit der die digitale Transformation die automatisierte Pro- duktion zu überrollen beginnt, wird auf der automatica 2018, von 19. bis 22. Juni in Mün- chen, offenkundig. Begriffe wie Cloud Robotics, Deep Learning und Smart Production sind kei- ne Schlagwörter mehr, sondern mehr und mehr gelebte Realität. Mit welch rasanten Entwicklungs- schritten die digitale Vernetzung in den Fabriken Einzug hält, über- rascht selbst Brancheninsider. Der Grund dafür: Obgleich „smart werden“ Geld kostet, rechnen sich die Investitionen. Das be- legt auch eine aktuelle Studie mit dem Titel "The Digitalization Pro- ductivity Bonus: Sector Insights" der Siemens Financial Services (SFS). Demnach können Herstel- ler durch Automatisierung und Digitalisierung ihrer Produktions- systeme eine jährliche Produkti- vitätssteigerung durch Senkung der Fertigungskosten von bis zu 9,8 Prozent erreichen. Die enor- men Produktivitätsgewinne ver- helfen den Unternehmen zu frei werdender Liquidität, mit der sich Investitionen in neue Technologi- en finanzieren lassen. Cloudbasierte Produktions- lösungen Bereits zum jetzigen Zeitpunkt beweisen zahlreiche Praxisbei- spiele, wie effizient und hoch- produktiv die smarte Produktion sein kann. Beispiel Kuka: Bei der Fertigung von Roboterbauteilen in einer vollautomatisierten, ver- netzten Zelle verbindet Kuka die analoge und digitale Welt. Die Zelle zeigt, wie ein Roboter in Zusammenarbeit mit zwei Bear- beitungszentren Roboterbauteile produziert. Ein Sechsachser über- nimmt dabei die Handhabung der Gussbauteile. Mit seinem über eine Lineareinheit erweiterten Arbeitsbereich kann er beide Be- arbeitungszentren bedienen und zusätzlich Entgratarbeiten ver- richten. Soweit die analoge Welt. Die Verbindung zur digitalen Welt erfolgt durch die Vernetzung aller beteiligten Komponenten mitei- nander und mit der Kuka Cloud. Dabei sind alle aktiven Kompo- nenten der Zelle in die Smart Pro- duktion Umgebung eingebunden. Sämtliche Daten der Maschinen, der Roboter, der Bearbeitungs- spindel und der Werkzeuge wer- den in der Kuka Connectivity Box gesammelt, an die Cloud weiter- gegeben, verarbeitet und in kon- figurierbaren Übersichten, den sogenannten Dashboards, visuell dargestellt. Damit haben Werker, Instandhaltung und Management zu jeder Zeit und an jedem Ort un- eingeschränkte Transparenz über den Produktionsprozess. Digital vernetzter Werkzeugbau Welche Vorteile die digitale Ver- netzung bei der Bearbeitung von Umformwerkzeugen bringt, de- monstriert das Audi Kompetenz- center Anlagen-/Umformtechnik. Was man hier nicht mag: Prozes- se, die der digitalen Vernetzung entgegenstehen. Deshalb ersetzt jetzt ein Roboterbearbeitungs- zentrum vier Radialbohrwerke. Mit dieser wegweisenden Anlage vollzieht Audi einen weiteren ent- scheidenden Schritt auf dem Weg zum Werkzeugbau 4.0. Worum es dabei geht, erläutert Gereon Heidrich, Leiter Maschinentech- nik im Kompetenzcenter: „Für das Einbringen der Entlüftungs- bohrungen in Umformwerkzeuge kamen bislang Radialbohrwerke zum Einsatz. Die Nachteile da- bei: Das Verfahren ist nicht au- tomatisierbar, zeitintensiv und mit hohem Personalaufwand ver- bunden. Und: Es passt nicht zum Konzept Werkzeugbau 4.0, bei dem die digitale Vernetzung aller Prozessschritte Programm ist.“ Seit kurzem übernimmt ein hoch- präziser Industrieroboter TX200 von Stäubli die Tieflochbohrun- gen. Der große Vorteil der jetzt durchgängig digitalen Prozess- kette: Die Positionen für die Boh- rungen, die früher aufwendig in der Werkshalle bestimmt werden mussten, lassen sich heute be- reits bei der Werkzeugauslegung im CAD-System festgelegen und in das Offline-Programmiersys- tem der Roboterzelle überneh- men. Mit dem digitalen Prozess entfällt dieser Aufwand komplett. Das Resultat: eine Reduzierung der Durchlaufzeiten von rund 60 Prozent. In München wird die IoT-Automation Realität Dass die Zukunft der industriellen Fertigung komplett vernetzt sein wird, welche Vorteile daraus re- sultieren und wie einfach die da- für erforderlichen, offenen Netz- werke zu realisieren sind, werden die Aussteller auf der automati- ca belegen. Bereits heute steht fest: Bei vielen Anbietern lautet das Messemotto „Industrie 4.0“, „Smart Factory“ oder „digitale Vernetzung“ und die Innovatio- nen, die in München präsentieren werden, haben eher revolutionä- ren als evolutionären Charakter. Beispiel Fanuc: Der japanische Roboterriese stellt mit dem FIELD System (Fanuc Intelligent Edge Link and Drive) eine intelligente Plattform für den Datenaustausch in Echtzeit bereit. Dazu Fanuc Ge- schäftsführer Matthias Fritz: „Aus unserer Sicht ist FIELD ein Meilen- stein industrieller Vernetzung.“ Zu den erprobten Modulen dieser Plattform gehört die Operation Management Software „Linki“, die innerhalb des Systems Ma- schinendaten erfasst, sortiert, hostet und auswertet. So lassen sich die „Lebensfunktionen“ ei- ner Maschine überwachen und Konsequenzen für eine präventi- ve Wartung ziehen. Diese Teilaufgabe übernimmt „Zero Down Time“ (ZDT), ein Mo- dul das in der Automobilindustrie bereits erfolgreich im Einsatz ist. In den USA organisiert General Motors inzwischen die vorbeu- gende Instandhaltung für über 10.000 Roboter mit ZDT. Doch FIELD kann noch mehr: Es umfasst auch Industrie 4.0-Funktionalitä- ten wie „Deep Learning“, bei de- nen sich Roboter gegenseitig ihre „Erfahrungen“ mitteilen. Derzeit arbeiten Roboter- und Komponentenhersteller mit Hoch- druck an zukunftsweisenden Lö- sungen, um die richtigen Daten am richtigen Ort zum richtigen Zeitpunkt bereitstellen zu können und die Basis für eine intelligen- te Vernetzung zu schaffen. Dabei macht die Dynamik, mit der die digitale Transformation die in- dustrielle Automation verändert, die kommende automatica zum Pflichttermin für alle Anbieter und Anwender von Automatisierung und IT. Mit einem eigenen The- menbereich IT2Industry in Halle B4 bietet die automatica auch eine Plattform für IT-Anbieter. Text & Bild: Messe München GmbH Messegelände D-81823 München Virtuelle und reale Produktionswelten verschmelzen Audi: Beim Tieflochbohren an Umformwerkzeugen bringt die Digitalisierung entscheidende Produktivitätsvorteile Quelle: Audi FANUC: Matthias Fritz, Geschäfts- führer Technik, FANUC Deutsch- land GmbH Quelle: Fanuc
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