Ausgabe zur METAV 2018

24 Ausg.Nr._02/2018 Additive Manufacturing Area P er Additive Manufactu- ring (AM) erzeugte Kom- ponenten entstehen im Idealfall mit komplett für den 3D-Druck ausgelegten Prozes- sen. Unter diesen Bedingungen könnten generative Verfahren bestehende Technologien sinn- voll ergänzen oder ablösen. Den aktuellen Stand der Dinge beschreibt METAV-Stammkunde Rainer Lotz, der als Geschäfts- führer der Renishaw GmbH aus Pliezhausen bereits zum zwei- ten Mal auf der Additive Manuf- acturing Area ausstellt. Seit 2006 ist Renishaw auf dem Gebiet Additive Manufacturing aktiv, und seit 2011 bauen sie dank der Übernahmen von MTT Technologies Limited selbst 3D-Metalldrucker: Welche Rolle spielt die generative Fertigung aktuell für Ihr Unternehmen? Rainer Lotz: Wir nutzen sie na- türlich weiter auch als Anwender, um eigene Entwicklungsprozesse zu beschleunigen und ebenso als neues Geschäftsfeld für AM- Maschinen und sämtliche damit verbundenen Dienstleistungen. Marc Saunders, Director Global Solutions Centers bei Renishaw, spricht davon, dass die generative Fertigung zu disruptiven Markt- veränderungen führen könnte. Wo lösen Renishaw-Verfahren alte Technologien bereits ab? Rainer Lotz: Zusammen mit Medi- zinern gelang es uns, einen kom- pletten Prozess für die Herstellung von individuellen Gesichtsprothe- sen inklusive der chirurgischen Werkzeuge zu entwickeln. Die ganze Prozesskette ist in unserem Solution Center mit dem Schwer- punkt Medizintechnik in Wales zu sehen. So kam z.B. ein Motorrad- fahrer zu Renishaw, um sich für die Rekonstruktion seines Gesichts nach einem Unfall zu bedanken. Für einen Formula Student Renn- wagen konnten wir einen Radträ- ger herstellen, der das Gesamt- gewicht des Fahrzeugs erheblich senkte, um dann einen neuen Beschleunigungsweltrekord auf- zustellen. Auch im industriellen Bereich konnten wir Fuß fassen: Ein Beispiel sind Werkzeugeinsät- ze für den Kunststoff-Spritzguss, die dank konturnaher Kühlung den Werkzeugverschleiß und die Taktzeiten deutlich senken – und dabei auch noch die Teilequali- tät erheblich verbessern. Unsere Mitarbeiter im Solution Center in Pliezhausen weisen in diesem Bereich über zehn Jahre Erfahrung auf und machen uns weltweit zu einem der Marktführer. Was halten Sie von der Ansicht, dass sich der industrielle 3D- Druck erst dann durchsetzt, wenn die gesamte Prozesskette ganz- heitlich optimiert wird? Rainer Lotz: Das reicht nicht aus, denn es geht noch einen Schritt weiter. Der Erfolg steht und fällt mit der Kreativität und demverfah- renstechnischen Wissen der Desi- gner und Konstrukteure. Wenn ich den Mehrwert der additiven Verfahren richtig ausschöpfen will, muss das Umdenken schon bei Produktdesign und -entwick- lung beginnen. Ergänzend haben wir schon früh damit angefangen, die entsprechenden Dienstleis- tungen und Software anzubieten, die den Konstrukteur bei seiner Arbeit unterstützt. Mit Blick auf den digitalen gesamtheitlichen Workflow arbeiten wir außerdem an Schnittstellen zur Software al- ler namhaften Hersteller wie Sie- mens, Dassault oder Auto Desk. Ist bionisches Design das Konst- ruktionsgebot der Stunde? Rainer Lotz: Das ist sicherlich ein interessanter Ansatz, doch der Entwickler muss dann auch die sich ändernde Funktionalität in Sachen Belastung der bionisch entworfenen Werkstücke beach- ten. Andere Aspekte sind eben- falls interessant. So machte das additive Fertigungsverfahren bei Pumpengehäusen bisher nachge- lagerte Montageschritte überflüs- sig, weil sich mit dem Verfahren z.B. die vorher angeflanschten Nippel leicht in die Konstruktion integrieren ließen. Oder bei ei- nem Zerspanungswerkzeug konn- ten wir zusätzliche Schneiden anbringen bzw. Kühlkanäle ge- stalten, die somit die Leistungs- fähigkeit erheblich erhöht haben. Der Mehrwert der additiven Ferti- gung geht also weit über rein bio- nisches Design hinaus. Was haben Sie mit den neuen Solutions Center und den so ge- nannten Mietzellen vor? Rainer Lotz: Die Solution Cen- ters bieten uns die Möglichkeit, mit unseren Kunden praktisch zu arbeiten und für sie geeignete Prozesse und Parameter zu ent- wickeln. Natürlich bieten wir dort unter anderem Teileoptimierung, Benchmarks, Testserien und Lohn- fertigung an. Bei den Mietzellen mietet der Kunde eine Zelle mit ei- ner kompletten Anlage, die er ent- weder allein betreibt oder in der er sich als Einsteiger zusammen mit einem erfahrenen Renishaw-Ope- rateur an die Technik herantastet. Bei Bedarf kann der Mieter den in der Zelle entwickelten Prozess eins zu eins später in sein Unter- nehmen holen. Die Machbarkeit ihrer Teile im additiven Verfahren ist derzeit für viele Besucher sehr wichtig. Was spricht für Ihre erneute Teil- nahme als Aussteller auf der Ad- ditive Manufacturing Area, die 2016 erstmals auf der METAV or- ganisiert wurde? Rainer Lotz: Die gesamte Indus- trie befindet sich nach wie vor in einem frühen Stadium, bei dem der Reifegrad verglichen mit ab- tragenden Verfahren noch sehr niedrig ist. Daher bietet die ME- TAV 2018 in Kombination mit der Fachtagung Inside 3D-Printing den idealen Rahmen zum Netz- werken mit vielen Anwendern und Firmen der Branche. Nur zusammen können wir die Ent- wicklungsgeschwindigkeit dieser Technologie weiter erhöhen. Wir sehen es als Rückenwind für die gesamte Branche und freuen uns schon auf den Austausch. Was werden Sie auf der METAV 2018 zeigen? Rainer Lotz: Wir zeigen dort zum Beispiel Lösungen für addi- tiv hergestellte Werkzeuge aus höchstfestem Stahl, der sich bis- her wegen der Rissgefahr nicht erfolgreich laserschmelzen ließ. Uns gelang jetzt die prozess- sichere Verarbeitung mit einer Anlage mit speziell beheizter Baukammer. Das ist gerade für die METAV-Gemeinde sehr inter- essant und kann derzeit nur auf Renishaw-Anlagen in dieser Qua- lität generiert werden.  Text & Bild: Messe Düsseldorf GmbH Messeplatz Stockumer Kirchstraße 61 D-40474 Düsseldorf Ganzheitlich, bionisch und disruptiv • Additive Manufacturing Area der METAV 2018 eignet sich ideal zum Netzwerken Rainer Lotz, Geschäftsführer der Renishaw-Gesellschaften in Deutschland, Österreich und der Schweiz. »Komplette Prozessketten sind nicht ausreichend«

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