Ausgabe zur BAU 2017

6 Ausg.Nr._01/2017 Digitalisierung D er Einsatz digitaler Tech- nologien bietet in allen Phasen des Lebenszyklus eines Bauwerks große Potenzi- ale. Richtig eingesetzt, können damit die Bauqualität erhöht und gleichzeitig Baukosten und -zeiten reduziert werden. Die Anfänge sind gemacht, doch bis zur vollständigen Digitalisierung der Baubranche ist noch ein wei- ter Weg zu gehen. Den Stand der Technik zeigt die BAU 2017, auf der die Digitalisierung am Bau eines der Leitthemen ist. In den skandinavischen Ländern, Großbritannien und den USA sind digitale Planungs- und Bauprozes- se schon relativ weit verbreitet. Die deutsche Bauindustrie muss dagegen noch weiter aufholen, um im immer internationaler werden- den Wettbewerb nicht zurückzu- fallen. Denn schon jetzt zeichnet sich ab: Wer den Übergang zur Digitalisierung und den damit ver- bundenen Wandel der Planungs- methoden nicht mitmacht, wird wirtschaftlich zurückfallen. Doch die bereits heute vollständig di- gital geplanten Pilotprojekte der öffentlichen Hand und die mit BIM realisierten Bauvorhaben großer Architekturbüros zeigen, dass dies auch hierzulande möglich ist. Building Information Modeling (BIM) als zentrale Arbeitsme- thode Hinter dem inzwischen allgegen- wärtigen Kürzel BIM steht die Idee eines digitalen Modells: Das ge- plante Bauwerk wird nicht mehr über eine unüberschaubare Menge von Plänen der unterschiedlichen Disziplinen begriffen (Architek- tur, Tragwerksplanung, TGA ...), sondern über ein mehrdimensio- nales, datenbasiertes Modell ab- gebildet. Investoren, Ingenieure, Architekten sowie Projektsteuerer und die späteren Betreiber arbei- ten über diese zentrale Plattform von Anfang an zusammen, sind frühzeitig über den jeweils aktu- ellen Planungsstand informiert. Alle projektbezogenen Informa- tionen (Flächen, Kosten, Zeitpla- nung usw.) stehen den Beteiligten als Entscheidungsgrundlage zur Verfügung. Bei der Arbeit mit BIM werden die einzelnen Bauteile zu Trägern von projektrelevanten Informationen, die in Form von Listen, Kalkulatio- nen, Terminplänen oder Simulatio- nen ausgegeben und miteinander verknüpft werden können. Man arbeitet also nicht mehr einfachmit „Abbildungen“ von Bauteilen, son- dernmit „Smart Data“ – eine neues Level der Digitalisierung. Um diese Vorteile zu nutzen, ist ein Kulturwandel erforderlich: Durch den Einsatz von BIM verändert sich die gewohnte Art der Zusammenar- beit. Aus den bisher aneinanderge- reihten, isolierten Einzelprozessen oder „Tätigkeitsinseln“ der betei- ligten Akteure wird eine vernetz- te Arbeitsweise, gekennzeichnet durch eine neue Form des Team- works und der Kommunikation. Dieser Wandel stellt für alle Betrof- fenen eine große Herausforderung dar, denn die kooperative Arbeits- weise setzt gegenseitiges Ver- trauen und Offenheit voraus. Sind diese „weichen“ Faktoren aber gegeben und die Organisation die- ses Prozesses sichergestellt (Stich- wort: BIM-Management), können Probleme frühzeitig erkannt, Risiken minimiert und damit Bau- kosten gespart werden. Wie verändert sich die Planung durch BIM? Das modellbasierte Planen, Bauen und Betreiben geht weit über den Schritt von der 2D- zur 3D-Planung hinaus: Die dreidimensionalen „Fachmodelle“ der einzelnen Planer werden regelmäßig zu- sammengeführt und auf Überein- stimmung geprüft (z. B. bei der so- genannten „Kollisionsprüfung“). Eine gemeinsamer Abgleich der Planungsstände erfolgt also viel früher als bisher üblich. Dies bedeutet aber nicht, dass schon zu Projektbeginn Ausfüh- rungsplanung gemacht wird – eine Befürchtung, die häufig von Architekten im Hinblick auf BIM geäußert wird. Zum Vergleich: Bei einemphysischenModell aus Pap- pe und Kunststoff wächst der De- taillierungsgrad mit der fortschrei- tenden Planung. Bei der digitalen modellbasierten Planung ist es genauso: Eine Wand ist zunächst nur eine Wand, erst später erhält sie z. B. einen mehrschichtigen Aufbau, später werden Baustoffe und damit Kosten oder physikali- sche Kennzahlen festgelegt usw. Auch die Kreativität leidet nicht bei der Einführung von BIM. Sie hängt glücklicherweise immer noch von den Planern ab, die zu- künftig mit Hilfe des Gebäudemo- dells miteinander kommunizieren und ihre Planungen aufeinander abstimmen können. BIM-Management organisiert das Planen, Bauen und Betreiben Moderne Software arbeitet auf der Basis von Zugriffsrechten: Wäh- rend der eine Planer z. B. an einer Wand arbeitet und sie versetzt, ist sie für andere Projektbeteiligte gesperrt. So wird verhindert, dass im gemeinsamen Gebäudemodell „jeder macht, was er will“ – eine vielfach geäußerte Befürchtung. Mit einemguten BIM-Management ist sie allerdings unbegründet. Um die Zuständigkeiten, Rech- te und Pflichten bei der Nutzung eines gemeinsamen Gebäude- modells festzulegen und zu über- wachen, wird in jedem Projekt ein übergeordneter BIM-Manager bestimmt. Sie oder er definiert u. a. die Anforderungen an das Datenmodell, legt die Zugriffs- rechte fest, stimmt sich regelmä- ßig mit den BIM-Koordinatoren der beteiligten Planungsbüros ab und betreut das Projekt auch nach dem Abschluss der Planungs- und Bauphase. Außerdem kann das BIM-Management mit Schulungen dafür sorgen, dass alle Planer auf dem gleichen Wissenstand sind. Fazit: Digitales Planen, Bauen und Betreiben wird Standard In wenigen Jahren sollen alle Projekte öffentlicher Bauherren mit BIM geplant, gebaut und um- gesetzt werden. Alle Planungs- leistungen müssen dann in digi- taler Form geliefert werden. Bis dahin gilt es, das digitale Planen und Bauen in Einklang mit der HOAI (Honorarordnung für Archi- tekten und Ingenieure) zu brin- gen, BIM-Normen und Richtlinien verbindlich festzulegen und die rechtlichen Rahmenbedingun- gen, von denNutzungsrechten bis zu Fragen der Haftung, zu klären. Doch es zeichnet sich bereits heute ab, dass das neue, modell- basierte Arbeiten auch hierzulan- de zum Regelfall wird, auch für kleinere Bauvorhaben, egal ob im Neubau oder beim „Bauen im Bestand“. Die Zukunft des Planen, Bauens und Betreibens spielt auf der BAU 2017 eine Hauptrolle: So widmen sich u. a. die Foren in den Hal- len A4 und C2 dem Thema BIM: Auf dem Programm stehen Vorträ- ge von namhaften Referenten aus Planungsbüros wie ARUP, Gerkan, Marg + Partner, RKW oder Herzog & de Meuron sowie aus der Bau- und Software-Industrie.  Text & Bild: Messe München GmbH Messegelände D-81823 München Building Information Modeling (BIM) revolutioniert Zusammenarbeit am Bau

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