Ausgabe zur FENSTERBAU FRONTALE 2018

26 Ausg.Nr._06/2018 Interview HOLZ-HANDWERK 2018: Chancen für das Schreinerhandwerk A uf der HOLZ-HANDWERK kommen vom 21. bis 24. März 2018 Fachleute aus Handwerk, Industrie und Handel zusammen, um sich über aktuelle Entwicklungen sowie neueste Produkte und Dienst- leistungen für die Holzbe- und -verarbeitung zu informieren. Dr. Christian Wenzler, Hauptge- schäftsführer des Fachverband Schreinerhandwerk (FSH) Bayern, benennt im Interview aktuelle Herausforderungen der Branche und zeigt Lösungsansätze. Welches sind momentan die zentralen Themen im Schreiner- handwerk, Herr Dr. Wenzler? Dank einer allgemein guten Auf- tragslage sind wir positiv ge- stimmt ins Jahr 2018 gestartet. Ein Thema, das die Branche der- zeit umtreibt, ist sicherlich die Digitalisierung, die als Wachstums- treiber und Innovationsmotor Chancen birgt. Bei der Erfüllung individueller Kundenwünsche ist im modernen Schreinerbetrieb maximale Flexibilität gefragt. Planung und Konstruktion, Ferti- gung, Vertrieb und Service sowie Büromanagement müssen sich daher möglichst effizient gestal- ten. Die Strukturen der Unter- nehmen sind vielschichtig und so müssen differenzierte Lösungs- ansätze betrachtet werden. Auch verstärkt sich der Fachkräf- temangel zunehmend. Unsere Innungsbetriebe klagen über eine überschaubare Menge an Bewer- bern, die die hohen Anforderun- gen an den Schreinerberuf zudem teils unterschätzen. Oftmals ge- lingt es nicht, offene Lehrstellen mit qualifizierten Jugendlichen zu besetzen. Anderswo werden zu wenige Lehrstellen angeboten, da manche Betriebe aufgrund schlechter Erfahrungen keine Ausbildungsplätze mehr bereit- stellen. Als bayerischer Landes- verband sind wir gemeinsam mit unseren Innungen sehr aktiv, um junge Leute anzusprechen und die Betriebe von der Bedeutung der Ausbildung als Basis für den künftigen Betriebserfolg zu über- zeugen. Anschließend gilt es, die Facharbeiter langfristig in der Branche zu halten. Wie kann die Branche künftigen Herausforderungen begegnen? Eine der großen mittelfristigen Herausforderungen wird die Fortführung von bestehenden Betrieben sein. Stand früher das Modell Generationsbetrieb in den Unternehmerfamilien nicht zur Diskussion, tritt der Nachwuchs heute nicht zwangsläufig als Füh- rungskraft in das elterliche Unter- nehmen ein. Durch die oft zitierte Bildungsoffensive hat das Hand- werk an Attraktivität verloren, aus politischer Sicht erhielt die Hoch- schulausbildung den Vorzug. Vom Handwerk wurde versäumt, Chancen darzustellen, die sich für Facharbeiter oder Unternehmer ergeben. Auch unser Nachwuchs aus den Meisterschulen tendiert dazu, Mitarbeiter statt Chef zu werden. Der steigende büro- kratische Verwaltungsaufwand sowie die Haftung und Fürsorge für Mitarbeiter schrecken ab. Insbesondere für kleine Unter- nehmen stellen auch rechtliche Rahmenbedingungen, vom neuen Bauvertragsrecht über das Wider- spruchsrecht des Kunden bis hin zu neuen Datenschutzregelun- gen, eine Herausforderung dar. Im Rahmen der gesellschaftlichen und politischen Diskussion muss endlich kommuniziert werden, dass ein engagiertes Unterneh- mertum ein sicherer Faktor für ein erfolgreiches Wirtschaftswachs- tum ist. Dazu gehört das Hand- werk, bestehend aus zahlreichen kleinen und mittleren Betrieben, die in Summe einen ganz erheb- lichen Teil der Wirtschaft bilden. Inwiefern spielt auch der Struk- turwandel eine Rolle? Mit Blick auf die Produktion schafft die rasante technische Ent- wicklung neue Möglichkeiten bei der Herstellung und Vermarktung von Produkten. Sie zwingt die Un- ternehmen allerdings auch, sich – unabhängig von der Betriebsgrö- ße – zu spezialisieren. Und auch die Ansprüche der Kunden ändern sich. Gefragt sind individuelle Produkte hoher Qualität zu einem angemessenen Preis. Gleichzeitig kommt dem Handwerk die Rück- besinnung auf regionale Anbieter sehr entgegen. Inwiefern hilft der FSH Bayern seinen Betrieben, diesen Her- ausforderungen gut gewappnet zu begegnen? Wir unterstützen in Fragestellun- gen rund um den betrieblichen Alltag, die unseren Innungsbetrie- ben einen Marktvorteil bringen können. Auf der HOLZ-HANDWERK 2018 bietet unsere Sonderschau „DesignObjekt – ObjektDesign eine Anlaufstelle, um aktuelle Themen mit uns zu besprechen. Die bereits erwähnte Rückbesin- nung des Kunden auf Qualität, regionale Produkte und Individu- alität bietet unserem Handwerk große Chancen. Dazu gehört auch die Gestaltung. Auf der Sonder- schau greifen wir dieses Thema auf. Bedenken Sie: Der Beruf des Schreiners ist einer der wenigen, bei dem Gestaltung und Umset- zung aus einer Hand kommen. Deshalb muss die Gestaltung auch als Marketingargument begriffen und eingesetzt werden. Unser Ziel ist es, den Betrieben Anregungen und Möglichkeiten zu bieten, sich vom industriell geprägten Mitbe- werbermarkt abzugrenzen und sich individueller zu positionieren. Wie gelingt dem kleinen Betrieb diese Positionierung? Die Spezialisierung auf profes- sionell ausgelegte Produkte ist Fundament für den betrieblichen Erfolg. Ein möglicher Ansatz, den wir auf der Sonderschau darstel- len, ist die Planungs- und Gestal- tungsleistung. Mit dem Innungs- meister als Koordinator von der Entwurfsplanung bis zur fertigen Hauseinrichtung sind Kunden in der Lage, den persönlichen Ge- schmack in Form eines individuel- len Produkts umsetzen zu lassen. Dabei geht es in der Regel nicht um isolierte Leistungen. Ganz- heitliche Gestaltungskonzepte er- fassen die natürliche Umgebung, die Leidenschaften des Nutzers, seine Vorlieben für Farben und Formen oder die Weiterführung der Architektur in die Möblierung. Daraus ergibt sich eine Win-Win- Situation für beide Partner: Der Schreiner hat eine entsprechende Entlohnung für sein Know-how erhalten und der Kunde ein Stück Lebensqualität. Die Sonderschau zeigt erfolgreiche Beispiele. Vielen Dank, Herr Dr. Wenzler, für das Interview!  Text & Bild: NürnbergMesse GmbH Messezentrum D-90471 Nürnberg

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